Dankbarkeit: wie lernen wir sie eigentlich? Angeboren scheint sie nicht zu sein. Viele können sich noch an die Worte ihrer Eltern erinnern oder verwenden sie heute selbst in der Erziehung ihres eigenen Kindes, wenn es etwas geschenkt bekommen hat: „Und was sagt man!?“ – Lehrreich ist es, wenn daraufhin etwas anderes geschieht als erwartet. So wie in einer Kita, als wir mit den Kindern Erntedank gefeiert haben. Zum Schluss des Gottesdienstes wurde das selbstgebackene Brot geteilt. Jedes Kind bekam zunächst ein Stück. „Und was sagt man?“, ermahnte die Erzieherin. „Noch eins“, antwortete ein Dreijähriger, der das Stückchen Brot sichtlich genoss.
Freude ist wohl die schönste Wegbereiterin der Dankbarkeit. Da muss man in der Erziehung nicht immer darauf bestehen, dass sogleich das erwartete Wort ausgesprochen wird. Es früh einzuüben kann dennoch helfen, dass mit den Jahren eine tiefe Dankbarkeit wächst. Auch für die unscheinbaren und scheinbar selbstverständlichen Dinge, wie z.B. das Dach über dem Kopf, das tägliche Brot, die Familie, die Freunde. Ebenso für die sog. ewigen Gaben: für jeden freundlichen Blick, der uns froh gemacht hat, für die Wünsche, die in Erfüllung gegangen sind, für die Nachricht, die uns aufatmen ließ, für die Krankheit, die gut überstanden wurde, für das Abschiednehmen von einem lieben Menschen, das von Trost und Segen begleitet war, für jede Begegnung, die gut getan hat.
Danken kommt von Denken (Nachdenken, Reflektieren). Das eine wie das andere setzt Demut voraus. Ohne sie würde uns etwas Wichtiges fehlen. Ohne sie würde es auch das Erntedankfest nicht geben. Von Anfang an charakterisiert die Demut das christliche Selbst- und Weltverhältnis. Sie hat nichts mit Kleinmacherei und Duckmäuserigkeit zu tun, sondern ist Ausdruck einer Stärke, die Bescheidenheit, Respekt und Offenheit gegenüber anderen und dem Größeren als man selbst einschließt. Christen verstehen sich als Geschöpfe Gottes des Schöpfers innerhalb seiner großen Schöpfung. Und sie feiern Erntedank, weil sie wissen: „Alle gute Gabe kommt her von Gott, dem Herrn“, und es ihnen ein Herzensanliegen ist, davon etwas an andere weiterzugeben.
Ihr Pastor Dr. Matthias Marks